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Newsletter im März 2022


Unser monatlicher Rundumblick zum Thema Menschenrechte


Herzlich Willkommen zu unserem Newsletter im März 2022 – wir freuen uns sehr, dass Du dabei bist!


Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) hat seit Kriegsbeginn in der Ukraine bis zum 30. März den Tod von mindestens 1.189 Zivilist:innen dokumentiert, weiterhin wurden mindestens 1.901 Zivilist:innen verletzt. Laut der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft wurden bislang 145 Kinder getötet und 222 Kinder verletzt.

In diesem Newsletter wird der Fokus der Neuigkeiten auf Nachrichten zum Ukraine-Krieg liegen.

Zusätzlich berichten wir auch weiterhin über Grund- und Menschenrechtsverletzungen aus dem Rest der Welt.

Über unseren Linktree gelangst Du zu diversen Seiten und Stellen, bei denen Du Dich über die aktuelle Lage zu Hilfsmöglichkeiten für Geflüchtete aus der Ukraine informieren kannst.



Über uns:

Als Student Division sind wir zwar unserer Mutterorganisation Lawyers Without Borders (LWOB) angehörig, agieren aber autonom und organisieren uns eigenständig.

Wir arbeiten unserer Mutterorganisation zu und stehen in Zusammenarbeit mit deutschen und europäischen Organisationen.

LWOB ist eine NGO mit Sitzen in Großbritannien, Kenia, Tansania und den USA. Ausschlaggebend für die Gründung war die Idee, Anwält:innen weltweit für Human Rights Work zu motivieren und ein globales pro bono-Netzwerk zu schaffen, das auf der ganzen Welt einen Zugang zu Recht garantiert.

Mit unserem monatlich erscheinenden Newsletter möchten wir einen Einblick in unsere Tätigkeiten geben, laufende Projekte vorstellen und insbesondere Neuigkeiten zu Menschen- und Grundrechten auf der ganzen Welt teilen - besonders solche, die oftmals unbeachtet bleiben.



Neuigkeiten im Bereich Menschenrechte

Disclaimer: Wir haben uns der Aufklärung im Bereich der Menschen- und Grundrechte verschrieben und sind weder politisch noch übernehmen wir Gewähr für Richtigkeit oder Vollständigkeit für die Rubrik „Neuigkeiten im Bereich Menschenrechte“. Die Inhalte der Beiträge wurden mit größter Sorgfalt erstellt. Quellen und Literatur wurden bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des jeweiligen Beitrags geprüft und berücksichtigt. Darüber hinaus distanzieren wir uns von jeglichen weiteren und zukünftigen Inhalten der angegebenen Websites und Institutionen.



Urteile nationaler Spruchkörper

Keine Berufung für Julian Assange im Vereinigten Königreich Seit nun schon drei Jahren ist Julian Assange im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert. Seitdem versucht er gegen seine drohende Auslieferung in die USA vorzugehen. Die USA werfen dem Wikileaks-Gründer Beihilfe zum Diebstahl von geheimen diplomatischen Nachrichten und Militärakten vor, welche er dann über Wikileaks verbreitete. Die Anklage lautet: Spionage in 17 Punkten und Computermissbrauch in einem. Vorerst hatte eine Richterin einen von der USA gestellten Antrag auf Auslieferung mit der Begründung abgelehnt, Assange könnte sich unter den harten Bedingungen in US-Gefangenschaft etwas antun. Später verwarf der High Court dieses Urteil jedoch aufgrund der Versicherung der US-Regierung, Assange menschlich zu behandeln. Diese Ansicht bestätigte der Supreme Court durch Ablehnung seines Falles nun. Damit hat der Australier kaum noch rechtliche Möglichkeiten, in Großbritannien gegen seine Auslieferung vorzugehen. Seine Rettung könnte jedoch der EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) sein. Laut Aussage von Assanges Anwalt werde er weiter gegen seine Überstellung vorgehen. Quellen und weitere Informationen: FAZ, Handelsblatt

Verfassungsgericht Peru: Freilassung von Ex-Präsident Alberto Fujimori Alberto Fujimori, ehemaliger Diktator Perus (1990-2000), wurde aufgrund einer am 17.03 getroffenen Entscheidung des peruanischen Verfassungsgerichts freigelassen. Wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen verbüßte der 83 Jahre alte Fujimori seit 2007 eine 25-jährige Haftstrafe. 2018 wurde Fujimori aufgrund einer vom damaligen Präsident Kuczynski erteilten Begnadigung freigelassen, unter Umständen, die auf eine irreguläre politische Vereinbarung mit Fujimoris Partei hinwiesen. Perus Oberster Gerichtshof stufte dies als verfassungswidrig ein und hob die Begnadigung im Oktober 2018 auf. Neulich hat das peruanische Verfassungsgericht diese Aufhebung annulliert. Am 28.03 wurde das Urteil des peruanischen Verfassungsgerichts veröffentlicht. Als Hauptargument zur Freilassung Fujimoris bzw. zur Annullierung der gerichtlichen Aufhebung der Begnadigung wird dort vorgebracht, dass präsidiale Begnadigungen von Gerichten überhaupt nicht kontrolliert werden könnten. Dieser Ansatz, der willkürlich abgegebene Begnadigungen legitimieren würde, steht im Widerspruch zu einer im Jahr 2018 getroffenen Entscheidung des interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, nach der die peruanischen Gerichte dazu verpflichtet sind, derartige präsidiale Entscheidungen zu revidieren. Das peruanische Justizministerium kündigte an, gegen das Urteil des Verfassungsgerichts vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte zu klagen. Quellen und weitere Informationen: Urteil (spanisch), Amnesty, t-online


Neuigkeiten internationaler Spruchkörper und Organisationen

Ukraine-Krieg: IStGH ermittelt wegen Kriegsverbrechen Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine hat der IStGH (Internationale Strafgerichtshof) Ermittlungen gegen Russland wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen und bezüglich der Taten auf der Krim auch wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgenommen. Herausragend ist dabei, dass 40 Vertragsstaaten förmlich die Aufnahme von Ermittlungen beantragt haben. Mit diesem noch nie dagewesenen Schritt der Staaten kann Chefankläger Karim Khan nun auch ohne sonst nötige richterliche Genehmigung tätig werden. Zunächst sah es danach aus, als würde Khan die Ermittlungen nur auf Taten vor dem Angriffskrieg, also auf solche im Osten des Landes und auf der Krim, beschränken. Nun wurde jedoch bekannt, dass Khan die Ermittlungen auch auf den Angriffskrieg ausweiten will. Nicht Inhalt der Ermittlungen ist jedoch, ob es sich um einen Angriffskrieg Russlands handelt. Dies könne nur mit der Genehmigung des UN-Sicherheitsrats vorgenommen werden, da Russland kein Vertragsstaat des IStGH ist. Die Erteilung einer solchen Genehmigung scheint jedoch eher unwahrscheinlich, solange Putin Präsident ist. Eine Ermittlung konkret gegen Präsident Putin stellt sich aktuell ebenso als unwahrscheinlich dar: Zuerst müsste sich der Verdacht gegen Putin so verhärten, dass die Ermittlungen gezielt gegen ihn gerichtet werden würden. Zusätzlich ist Putin als amtierender Staatspräsident vor ausländischen Strafgerichten immun. Quellen und weitere Informationen: Deutschlandfunk, LTO, Zeit

Ukraine Krieg: EGMR zur kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta" Dmitri Muratow, der Chef der kremlkritischen russischen Zeitung "Nowaja Gaseta" und zugleich Friedensnobelpreisträger, hatte Anfang des Monats vor dem EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) gegen Russland wegen der Behinderung der Arbeit seiner Zeitung geklagt. Es bestünde die Gefahr, dass unabhängige und oppositionelle Medien "mundtot" gemacht würden. In einer Eilentscheidung hat er vor dem EGMR nun Recht bekommen. Das Vorgehen der russischen Behörden verletze sein Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 10 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention). Diese sollen nun von jeglichen Aktionen absehen, die die Arbeit der Zeitung behindern oder gar unmöglich machen. Seit Kriegsbeginn in der Ukraine sanktioniert Russland Journalist:innen, die angebliche Falschinformationen verbreiten, mit harten Strafen. Als (noch) Mitgliedsland des Europarats und der EMRK (s.u.) ist Russland an diese Entscheidung gebunden. Quellen und weitere Informationen: LTO, RSW Beck

Systemische Verschlechterungen

Ukraine-Krieg: Europarat schließt Russland aus - Russland verlässt Europarat und EMRK Zunächst hat die Parlamentarische Versammlung über den Ausschluss Russlands aus dem Europarat entschieden, dann kündigte Russland an, nicht mehr am Europarat teilnehmen zu wollen - nun wurde der Ausschluss auch formell endgültig beschlossen. Er ist sofort wirksam. Russland gehörte dem Europarat seit dem Jahre 1996 an. Noch vor der Entscheidung über den Austritt wurde Russland vom Europarat gem. Art. 8 seines Statuts suspendiert - als erstes Land in der Geschichte des Europararates. Der Europarat gehört institutionell nicht zur Europäischen Union, sondern dient als Diskussionsforum über allgemeine europäische Fragen und dem Schutz der Menschenrechte in seinen aktuell (noch) 47 Mitgliedstaaten. Alle Mitgliedstaaten haben ebenso die EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) unterzeichnet. Neben dem Austritt aus dem Europarat hat Russland auch jenen aus der EMRK verkündet. Folglich ist Russland zukünftig weder an die EMRK noch an die Entscheidungen des EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) gebunden. Der EGMR hat daraufhin in einer Pressemitteilung die Aussetzung der Prüfung aller laufenden Beschwerden gegen Russland angekündigt. Noch bis zum 16. September unterliegt Russland der Gerichtsbarkeit von EGMR und EMRK. Da die Durchsetzung der Urteile schon bisher kaum möglich war, ist die (begrenzte) Fortgeltung für die russischen Bürger:innen jedoch nur ein schwacher Trost. Quellen und weitere Informationen: FAZ, LTO1, LTO2, tagesschau, zur Resolution des EGMR

Ausblick und Aktuelles

UN-Sicherheitsrat stimmt für Fortsetzung von Mission in Afghanistan Der UN-Sicherheitsrat hat für die Fortsetzung der politischen Mission in Afghanistan gestimmt; dies zunächst für ein weiteres Jahr bis zum 17. März 2023. Die entsprechende Resolution 2626 (2022) wurde mit 14:0 Stimmen dafür (Enthaltung seitens Russlands) verabschiedet. Die Mitglieder sehen die fortgesetzte Anwesenheit der UNAMA (United Nations Assistance Mission in Afghanistan) als unerlässlich an. Der Fokus der Mission soll auf der Koordinierung humanitärer Hilfe sowie der Deckung menschlicher Grundbedürfnisse, der Bereitstellung von Kontakten für den Dialog zwischen afghanischen Akteuren und der internationalen Gemeinschaft sowie der Förderung und Stärkung einer verantwortungsvollen Staatsführung und der Rechtsstaatlichkeit liegen. Zudem soll sich die Mission auch auf die Förderung der Menschenrechte, die Unterstützung und Förderung der Gleichstellung der Geschlechter sowie die Überwachung und Berichterstattung über die Lage der Zivilbevölkerung und das Eintreten für deren Belange konzentrieren. Weiterhin haben der Sicherheitsrat und die internationale Staatengemeinschaft erneut ihren Protest gegen den Ausschluss von Mädchen vom Schulbesuch ab der sechsten Klasse ausgesprochen. Die Taliban wurden dringendst dazu aufgerufen, das Recht von Frauen und Mädchen auf Bildung zu respektieren, die Entscheidung zurückzunehmen und die Schulen wieder zu öffnen. Quellen und weitere Informationen: Stern, United Nations, Joint Statement, SZ



Neues vom Verein

Persönliches Statement zum Ukraine-Krieg Lisa Sronipah, ein Mitglied unseres Vereins, nimmt im folgenden Beitrag Stellung zum Krieg in der Ukraine. Lisas Wurzeln liegen in der Ukraine. Seit dem 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Unvorstellbar. Surreal. Oft hört man, dass es „nur“ Putins Krieg sei. Es ist nicht Putins Krieg, es ist Russlands Krieg. Meines Erachtens ist es unangebracht, in Anbetracht der jetzigen Umstände über Anfeindungen gegen russischstämmige Menschen zu sprechen. Anfeindungen erfahren oder jeden Tag ums Überleben kämpfen, seine Freunde, Familienangehörigen verlieren? Was sollte mehr Aufmerksamkeit erfahren? Genau, das Letztere! Die Ukrainer:innen sind in der Opferrolle gefangen, nicht Russ:innen. Keiner weiß, wann dieses Sterben ein Ende nehmen wird. Wir können uns diese Bilder, Videos kaum anschauen, ohne dass uns Tränen in die Augen schießen und dennoch kleben wir an unserem Handybildschirm, um uns minütlich über die aktuellen Geschehnisse zu informieren. Wir fühlen uns hier in Deutschland machtlos, gelähmt. Beim Lernen und bei der Arbeit sind unsere Gedanken bei unseren Liebsten in der Ukraine. Obwohl täglich viele aus der Ukraine fliehen, befinden sich gleichzeitig viele Ukrainer:innen noch in einem moralischen Dilemma: Soll ich in meiner Heimat bleiben oder mein Leben zurücklassen? Ohne eine berufliche Tätigkeit, ohne Sicherheit in ein fremdes Land fliehen? Soll ich meinen Ehemann zurücklassen, ohne zu wissen, wann und ob wir uns wiedersehen werden? Soll ich meine Kinder alleine nach Europa schicken? Ich engagiere mich ehrenamtlich als Dolmetscherin im Landratsamt und bemerke jedes Mal, wie überfordert, verloren, aber vor allem traumatisiert die Menschen sind und gleichzeitig sind sie sehr dankbar für die deutsche Hilfsbereitschaft und Solidarität. Bitte informiert euch weiterhin über den Krieg in der Ukraine, geht auf Demonstrationen und spendet! Wir sehen und hören euch und ich möchte ein großes Dankeschön an dieser Stelle aussprechen. Slawa Ukrajini!


Bericht zur Veranstaltung Ukraine-Krieg Am 28. Februar hat unsere Sonderveranstaltung zum Ukraine-Krieg über Zoom stattgefunden. Thematisch umfasste die Veranstaltung einen historischen, völkerrechtlichen und gesellschaftlichen Überblick über die aktuelle Lage in der Ukraine. Es gab unglaublichen Andrang mit mehr als 650 Teilnehmer:innen in der Spitze! Gäste waren die LMU-Professoren Herr Prof. Dr. Martin Schulze Wessel (Professor für Geschichte Ost- und Südosteuropas) und Herr Prof. Dr. jur. Christian Walter (Professor für Völkerrecht und Öffentliches Recht) sowie die Journalistinnen Frau Joanna Maria Stolarek (Büroleitung Heinrich-Böll-Stiftung Warschau) und Frau Barbara von Ow-Freytag (Journalistin, Politikwissenschaftlerin und Board member des Prague Civil Society Centre). Das ganze Team bedankt sich nochmals ganz herzlich bei den Redner:innen! Zu unserer Materialsammlung zur Veranstaltung.




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