top of page
  • Autorenbildlwob_lmu

Newsletter im Juli 2023

Unser monatlicher Rundumblick zum Thema Menschenrechte


Herzlich Willkommen zu unserem Newsletter im Juli – wir freuen uns sehr, dass Du dabei bist!


Über uns: Als Student Division sind wir zwar unserer Mutterorganisation Lawyers Without Borders (LWOB) angehörig, agieren aber autonom und organisieren uns eigenständig. Wir arbeiten unserer Mutterorganisation zu und stehen in Zusammenarbeit mit deutschen und europäischen Organisationen. LWOB ist eine NGO mit Sitzen in Großbritannien, Kenia, Tansania und den USA. Ausschlaggebend für die Gründung war die Idee, Anwält:innen weltweit für Human Rights Work zu motivieren und ein globales pro bono-Netzwerk zu schaffen, das auf der ganzen Welt einen Zugang zu Recht garantiert. Mit unserem monatlich erscheinenden Newsletter möchten wir einen Einblick in unsere Tätigkeiten geben, laufende Projekte vorstellen und insbesondere Neuigkeiten zu Menschen- und Grundrechten auf der ganzen Welt teilen - besonders solche, die oftmals unbeachtet bleiben.


Disclaimer: Wir haben uns der Aufklärung im Bereich der Menschen- und Grundrechte verschrieben und sind weder politisch noch übernehmen wir Gewähr für Richtigkeit oder Vollständigkeit für die Rubrik „Neuigkeiten im Bereich Menschenrechte“. Die Inhalte der Beiträge wurden mit größter Sorgfalt erstellt.Quellen und Literatur wurden bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des jeweiligen Beitrags geprüft und berücksichtigt. Darüber hinaus distanzieren wir uns von jeglichen weiteren und zukünftigen Inhalten der angegebenen Websites und Institutionen.Aufgrund der höheren Lesbarkeit mit Rücksicht auf Sehbehinderte haben wir uns für den Gender-Doppelpunkt entschieden. LWOB steht für alle Formen der geschlechtlichen Vielfalt ein. Für diesbezügliches Feedback könnt ihr euch gerne an die Ressortleiterinnen wenden.



Neuigkeiten im Bereich Menschenrechte


Entscheidungen nationaler Spruchkörper


Erste Hinrichtung einer Frau in Singapur seit mehr als 20 Jahren In Singapur wurde in diesem Monat zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren eine Frau hingerichtet. Die 45-jährige Saridewi Djamani wurde wegen Besitzes zum Zweck des Handelns von knapp 31 Gramm Heroin im Jahre 2018 zum Tode verurteilt. Jetzt wurde die Todesstrafe durch Erhängen vollstreckt. Menschenrechtsaktivist:innen und -organisationen sowie auch die Vereinten Nationen forderten die Behörden in Singapur bis zuletzt auf, die Strafe auszusetzen und die Verurteilte zu begnadigen - doch vergeblich. Singapur ist bekannt dafür, eines der schärfsten Drogengesetze weltweit zu habe und besteht weiterhin auf die Todesstrafe für Drogenhandel, da diese laut den Behörden ein "geeignetes Mittel sei, um den Handel zu unterbinden". Nach einer zweijährigen Pause während der COVID19-Pandemie wurden in Singapur seit März 2022 bereits 15 Menschen wegen Drogenhandels hingerichtet. Eine Frau wurde zuletzt im Jahre 2004 hingerichtet. Seit November 2012 ist die Todesstrafe bei Drogenhandel nicht mehr zwingend, sondern es kann alternativ auf lebenslange Haft erkannt werden. Gemessen an der Bevölkerung hat Singapur eine der höchsten Hinrichtungsraten weltweit: Seit dem Jahre 1991 wurde im Schnitt alle zwei Wochen ein Mensch hingerichtet. Amnesty International registrierte für das Jahr 2022 Todesurteile in 52 Ländern. 115 Staaten haben die Todesstrafe vollständig abgeschafft. Quellen und weitere Informationen: Amnesty International, euronews, NZZ, Tagesschau, taz



Neuigkeiten internationaler Spruchkörper und Organisationen


EGMR: Verletzung von Rechten der Läuferin Caster Semenya Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio, gewann Caster Semanya Gold über 800 Meter. Zum zweiten Mal. Das erste olympische Gold holte sie sich in Berlin 2009. Damals wurde ihr Sieg aber nicht nur gefeiert. Die Südafrikanerin hat breite Schultern, eine tiefe Stimme und einen erhöhten Testosteronspiegel. Sie ist eine Frau. Allerdings hat sich ihr Körper hormonell anders entwickelt. DSD - Differences of Sexual Development - nennt man das. Der Internationale Leichtathletikverband (kurz: IAAF) sieht bei Frauen mit erhöhten Testosteronspiegel einen Leistungsvorteil gegenüber ihren Konkurrentinnen. Deshalb hat der Verband strenge Regeln aufgestellt, im März wurden diese dann nochmal verschärft. Von DSD betroffene Frauen müssen nach diesen nun ihren Testosteronspiegel durch die Einnahme von Medikamenten extrem senken. Semanya weigert sich und sieht in den Regeln eine Verletzung ihrer Rechte, insbesondere ihrer Würde. Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) und das für die Überprüfung der CAS-Urteile zuständige Bundesgericht der Schweiz gaben ihr nicht Recht. Nun hat aber der EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) entschieden: Die Gerichte hätten nicht ausreichend einbezogen, dass die Einnahme von testosteronsenkenden Mitteln eine Diskriminierung darstellen könne und insbesondere außer Acht gelassen, dass ein tatsächlicher Leistungsvorteil über die Mitteldistanz bei Frauen mit erhöhtem Testosteron nicht erwiesen sei. Vielmehr gäbe es nur sehr spärliche Hinweise darauf. Trotzdem hält der Verband an den Regeln fest. Quellen und weitere Informationen: Sportschau, Tagesschau



Systemische Verschlechterungen


Großbritanniens Illegal Migration Act 2023 als wahrscheinlich “illegal“? Am 7. März 2023 wurde der Gesetzentwurf der "Illegal Migration Bill" in das britische Parlament eingebracht (Anm.: Wir berichteten dazu im März.) und erhielt am 20. Juli 2023 die königliche Zustimmung, womit er zum "Illegal Migration Act 2023" wurde. Die Menschenrechtsorganisationen OHCHR und UNHCR äußerten Bedenken über mögliche menschenrechtliche Konsequenzen des neuen Gesetzes. Ziel des Gesetzes ist es, die Inhaftierung "illegal" eingereister Personen ohne Kaution oder gerichtliche Überprüfung innerhalb der ersten 28 Tage der Haft zu ermöglichen, bis sie abgeschoben werden können. Premierminister Rishi Sunak begründete den Illegal Migration Act 2023 damit, dass er die irreguläre Migration über den Ärmelkanal eindämmen soll, die im Jahr 2022 einen starken Anstieg von 45.755 illegal eingereisten Migranten verzeichnete. Allerdings äußern UN-Expert:innen die Sorge, dass das Gesetz nicht im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards steht und die Rechte von Geflüchteten nicht angemessen schützt. Insbesondere wird betont, dass das Gesetz allen, die unter seinen Geltungsbereich fallen, den Zugang zum Geflüchtetenschutz verwehrt, unabhängig davon, ob sie Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen oder andere lebensbedrohliche Situationen erfahren haben. Dies steht im Konflikt mit der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, zu deren Unterzeichner:innen das Vereinigte Königreich gehört und die ausdrücklich anerkennt, dass Geflüchtete gezwungen sein können, irregulär in ein Asylland einzutreten. Die Expert:innen warnen daher vor einer möglichen Untergrabung des Rechts auf Asyl, der Freiheit und insbesondere der Rechte und des Wohlergehens von Kindern durch die Umsetzung des neuen Gesetzes. Trotz ihrer Forderungen an die Regierung, das Gesetz aufzuheben, blieb bisher eine Antwort aus. Eine wichtige Frage ist, ob das Gesetz das Problem der "kleinen Boote" lösen wird oder ob es zu einem Anstieg der Menschen führen wird, die gefährliche Reisen über den Ärmelkanal unternehmen, was wiederum zu mehr tragischen und vermeidbaren Todesfällen sowohl auf See als auch im Vereinigten Königreich führen könnte. Quellen und weitere Informationen: Euractiv, IfG, JCWI, OHCHR, UN News


Gräueltaten im Sudan Drei Monate nach dem Beginn der Kämpfe in der sudanischen Hauptstadt Khartoum ist nunmehr das ganze Land in diese kriegerische Auseinandersetzung verwickelt. Entfacht hatte sich diese an einem Machtkampf des Militärs und der paramilitärischen „Rapid Support Forces“, kurz RSF, die von dem ehemaligen Vizepräsidenten Mohamed Hamdan Daglo angeführt wird. Durch den Militärputsch im Jahre 2021 mit General Abdel Fattah al-Burhan an der Spitze der sudanesischen Armee, der gemeinsam mit der RSF erfolgte, wurde die bestehende Regierung aufgelöst und vereinbart, dass die Kontrolle an eine neu gewählte Zivilregierung übergeben würde, wozu es jedoch nie kam. Zudem sollte die RSF in das Militär überführt werden, was ebenfalls fehlschlug. Bereits zwei Jahre zuvor wurde durch einen Umsturz seitens des Militärs der seit mehr als einem Vierteljahrhundert regierende Staatspräsident Umar al-Baschir entmachtet. Die daraufhin einberufene Interimsregierung wurde schließlich im Oktober 2021 infolge des Putsches abgesetzt. Seitdem befand sich die sudanesische Armee in einem schwelenden Konflikt mit der paramilitärischen Gruppierung RSF, der sich im April diesen Jahres in nunmehr im ganzen Land herrschende Kämpfe entlud. Nachdem in Darfur im Westen Sudans ein Massengrab entdeckt wurde, hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch den in Den Haag sitzenden Internationalen Strafgerichtshof zu Ermittlungen hinsichtlich der Verbrechen in Darfur angerufen; die Opfer gehörten zu der ethnischen Minderheit der Masalit. Vor über 20 Jahren war es in Darfur bereits zu einem Völkermord an zentral- und ostafrikanischen Minderheiten gekommen. Mittlerweile ließen tausende Zivilist:innen ihr Leben, weit über drei Millionen Menschen wurden vertrieben. Die humanitäre Versorgung im Land kann kaum noch gewährleistet werden. Aufgrund der zahlreich im Sudan vertretenen Ethnien wird international vor einer weiteren Eskalation und Ausweitung in einen Bürgerkrieg gewarnt. Quellen und weitere Informationen: RND, Spiegel, Tagesschau, Wikipedia



Ausblick und Aktuelles


Bevorstehende Wahlen in Simbabwe: Unterdrückung von Oppositionellen und Kritiker:innen Am 23. August werden in Simbabwe Präsident und Parlament neu gewählt. Laut Berichten von mehreren Menschenrechtsorganisationen soll die Regierung um den amtierenden Präsidenten Emmerson Mnangagwa die friedlichen Versammlungen von Oppositionellen einschränken und Proteste gewaltsam unterdrücken. Die Regierungspartei ZANU-PF (Zimbabwe African People’s Union – Patriotic Front) ist bereits seit der Unabhängigkeit Simbabwes im Jahre 1980 an der Macht. Erstmals sieht sich ernsthaft der Opposition ausgesetzt, konkret der im Jahre 2022 neu gegründeten Partei CCC (Citizens Coalition for Change). Der ZANU-PF wurden schon bei der letzten Wahl Gewalt und Fälschung vorgeworfen - nach dieser Wahl im Jahre 2018 wurden sechs Menschen von der simbabwischen Armee bei Protesten gegen das Wahlergebnis erschossen. Zu Mitte Juli hat der Präsident außerdem das zuvor vom Unterhaus verabschiedete sogenannte "Patriotische Gesetz" unterzeichnet: Demnach macht sich nunmehr strafbar, wer „mutwillig die Souveränität und das nationale Interesse Simbabwes schädigt“ - geradezu ein Nährboden für die Festnahme und Inhaftierung von Regierungskritiker:innen und Demonstrierenden. Auch die Todesstrafe steht im Raum. Simbabwe steckt seit Jahrzehnten in einer Wirtschaftskrise und leidet unter Hyperinflation und großer Armut. Quellen und weitere Informationen: FLZ, Stern, taz



Neues vom Verein


LWOB x ELSA München: Outdoor Human Rights Kino Am 23. Juli haben wir gemeinsam mit ELSA München ein Outdoor Human Rights Kino im Hansa-Haus veranstaltet und den Film "Dear Future Children: Der Kampf um Gerechtigkeit" gezeigt, der aus der Perspektive von drei jungen Aktivistinnen aus Uganda, Chile und Hong Kong über ihren Einsatz für wichtige Anliegen berichtet. Wenn ihr gerne bei unserer nächsten Veranstaltung dabei sein wollt, abonniert uns unbedingt auf Instagram, um in Zukunft nichts zu verpassen!





bottom of page